Bis fünf zählen kann Jeder

Eine wahre Geschichte von 5 Menschen und Ihrer Suche nach dem Glück

Fünfe trafen sich an einem wunderschönen Tag im Frühling in einem herrlichen Raum voller Klang im Norden Hessens, um gemeinsam miteinander mit Schamanentrommel, Klangspiel, Sansula, Marimbaphon, Cajon-Rhythmuskiste und an den Monochordsaiten einer Klangwiege frei und unbefangen zu spielen, zu experimentieren, zu improvisieren.

Jahresgruppe

Ohne musikalischen Erwartungsdruck und Zielvorstellung spielten sie los. Gedanken und Fragen schleppten sie, wie Untertitel einer Geschichte in einer andern Sprache mit sich. Jeder der Fünf, mit seinem Instrument und Stimme auf die Suche. Wer bin ich? Was bedeutet es zu sein wer ich bin? Wo ist ein sicherer Ort ICH zu sein?

Die Suche nach den Identifikationen des Ichs versackte schnell in Klischees von Emanzipation, Rollen, Erwartungen, Vorgaben der Gesellschaft. Allesamt sind sie sich unabgesprochen einig. Geschützte Orte kennen alle Fünfe kaum. Als Enkel von Großmüttern und Großvätern, die Ihre Identifikationsvorbilder sein sollten, und dabei vor lauter Arbeit, Krieg, Vertreibung und Wiederaufbau nicht wirklich sehen, verstehen und lieben konnten – wie sollte das gehen. Und als Kinder von Müttern und Vätern die vor lauter Konsum, Luxus, Gier und Sucht krank wurden, wie war ihr Leben traurig, verzagt und sinnlos geworden.

Dieses ständige Sehnen endlich nachträglich die vermisste Weichheit, echte Anwesenheit und Liebe im Außen zu finden, ließ alle Fünfe lange, lange suchend auf Ihren Instrumenten herum irren. Die improvisierten Klänge und Rhythmen fast unhörbar, wimmernd, schleichend, so zögerlich und zurückhaltend, flüsternd, beschämt. Spürbarer weitergegebener Schmerz der Ahnen, gefangen in den vergangenen und eigenen Biografien.

Doch dann, ebenso zart und zögerlich, breitet und weitet sich ein Zauber aus. Der Zauber der Musik. Langsam und tastend sich lösend, neu entstehende, erste Fragmente von Unerhörtem, was sich aus der sprachlosen Tabuzone heraus gebiert und sicht- und hörbar wird.

Der Eine von den Fünfen pulsiert auf der Rhythmuskiste den Herzschlag. Gefühlt ein 3-er Takt. Poch, poch, Pause… er klammert sich fest am haltgebenden Beat des Herzschlages.

Der Zweite grooft sich, im Versuch dem Ganzen noch mehr Halt zu geben im Gleichschritt ein und taktet erbarmungslos funktionierend einen 4/4 Takt durch. Betont 1, sanfter die 2, 3, 4 und immer so weiter und weiter …
Marschieren, bis die Brücke der Sicherheit sich hochschaukelt und einstürzt.

Der Dritte ist wohl Willens. Oder fühlt er sich genötigt? Auf jeden Fall ist er folgsam, um sich dem Voranschreiten im unerbittlichen Metrum des Gleichmaßes anzuschließen. War so, ist so und wird immer so bleiben. Weder Freude noch das Gefühl des freien Klanges, will auf dem Instrument so recht aufkommen.

Der Vierte grätscht verzweifelt mit sirenenartiger Stimme und betörender Gebärde, retten wollend einen 2-er Rhythmus in den Raum. 1, 2. Hin, her. Wie-gend. 1, 2. Hin – Trost.
1 – 2. „Schlaf Kindlein schlaf…!

Der Fünfte hat nicht verstanden, was das hier eigentlich alles soll. Die mathematische Logik von Zahlen in jeglicher Form hat in ihm immer schon Unbehagen erzeugt. Da ist der einfach aufgestanden und aus der Situation herausgetreten und geradewegs, wie ferngesteuert direkt auf den Gong zu gestürmt.

„Großer Gong, machtvoller Gong, ich weiß nicht was das hier alles soll. Hilf mir zu verstehen!“
Und dann klopfte der Fünfte, wie an eine fremde Haustür, erst ein bisschen und dann stärker an den Gong. Doch keiner öffnete ihm die Tür. Resigniert fühlt und will er auf einmal gar nichts mehr. Und hämmert nur noch irgendwie auf ihm herum.

Und da geschah es. Unerwartet, unbemerkt und ungezwungen fiel der Einfall in ihn ein.

*Spiel doch einfach einen Takt mehr. *

Bring das Gehirn etwas aus den Gewohnheiten des 1,2,3 oder 1,2 oder 1,2,3,4 heraus. Treib die Verwirrung auf die Spitze und spiel eine 5 dazu.

Jeder von den Fünfen ist immer noch auf seiner Schiene, in seiner Bahn oder Schublade versteckt und da kommt unmerklich irritierend, unverschämt ehrlich und ungestüm einfach Einer dazu und macht einen 5-er Takt. Empörung?

Nein: Freude, Erleichterung, Freiheit!

Auf einer neuen Rhythmusbahn, die alle Fünf noch nie bewusst gefahren sind, treffen sie sich gemeinsam. „Voran auf neuen Wegen! Vorurteilsfrei, lustvoll und befreit schöpferisch sein, etwas erschaffen, etwas völlig Neues. Und es ist so einfach. Einfach den Einen
dazu nehmen.

Nur nebenbei gesagt, die Neurologie weiß schon länger, dass im Gehirn neue Wege, Straßen und Schnellstraßen gebahnt werden können und das ein Leben lang. Hänschen und Hans lernen beide lebenslang, wenn sie es wollen. Wie sie denken, was sie denken, welche Gewohnheiten sie haben, das bestimmen sie selbst. Jeder schafft sich seine eigenen Bahnen im Gehirn. Dazu gibt es wissenschaftliche Studien der Neurologischen Musiktherapie (NMT) von Prof. Dr. Michael Thaut schon seit mehr als 20 Jahren.

Aber zurück zu den Fünfen.
Wie endet die wahre Geschichte?

Wie verwandelt durch den Einen spielen jetzt alle Fünfe frei, mit anschwellender Intensität. Die Musik nimmt Fahrt auf und kulmuliert in Lautstärke und Virtuosität, steigert sich mit Urschreien und erleichterndem Lachen, bleibt noch eine Weile kraftvoll und leidenschaftlich im Ausdruck. Augen begegnen sich, sehen sich wirklich, begrüßen und erkennen einander in erlösenden Augenblicken der gemeinsamen neuen, bisher unbekannten 5-heit. Das Feuer des freilassenden 5-er Rhythmus brennt noch lange, vom Rhythmus sanft kontrolliert und verglimmt allmählich in tiefer Verbundenheit nach freudvoller Extase.

Und dabei war doch nur 1 Takt dazu gekommen, der alle Fünfe zusammen gebracht hat.

Wie banal, wie einfach und so erfüllend, beglückend, beruhigend.
Gut, dass es so etwas noch gibt!

Schon Buddha sagte: „Alle Wahrheit ist einfach! Und jede Wahrnehmung ist wahr. Nur wollen wir nicht jede nehmen!“ Dennoch ist sie wahr, auch wenn sie nicht zu jeder Zeit genommen werden will, die Größe, die Schönheit, die Stärke und Macht, wie sie der Gong repräsentiert.

Durch einen genialen, total einfachen Ein-fall am Gong haben Fünfe die höhere Intelligenz in sich selbst gefunden. Und noch viele, viele andere Fundstücke, die alle mit der Vorsilbe „selbst“ beginnen. Selbstsicherheit, Selbstvertrauen, Selbstfürsorge, Selbstwertschätzung, Selbstachtung und Selbstbewusstsein, Selbsterfahrung ….

Zufrieden gingen die Fünfe an diesem Abend still, um eine Erkenntnis reicher, nach Hause. Musik machen und praktizieren ist einfach, denn bis 5 zählen kann jeder.